Kritische Blicke auf die Coronakrise und ihre Folgen
Kritische Blicke auf die Coronakrise und ihre Folgen

Depressionen, Ängste, Stress, Sorgen, Einsamkeit & Long Covid

Siwen Wang, Luwei Quan, Jorge E. Chavarro u. a.: Associations of Depression, Anxiety, Worry, Perceived Stress, and Loneliness Prior to Infection With Risk of Post–COVID-19 Conditions, in: JAMA Psychiatry 79 (2022) H. 11, S. 1081-1091, online in: https://www.doi.org/10.1001/jamapsychiatry.2022.2640.

Zusammenfassung

Nur wenige Risikofaktoren für lang anhaltende (4 Wochen) Covid-19-Symptome sind identifiziert worden. Die Studie wurde durchgeführt, um festzustellen, ob ein hohes Maß an psychischer Belastung vor der SARS-CoV-2 Infektion, gekennzeichnet durch Depression, Angst, Sorgen, wahrgenommenen Stress und Einsamkeit, voraussehbar mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Post-Covid-19-Erkrankungen (Long Covid) verbunden sind.
Diese prospektive Kohortenstudie verwendete Daten aus drei großen laufenden, überwiegend weiblichen Kohorten: Nurses‘ Health Study II, Nurses‘ Health Study 3, und der Growing Up Today Studie. Zwischen April 2020 und November 2021 wurden die Teilnehmer:innen mit regelmäßigen Umfragen weiterverfolgt. Die Teilnehmer:innen wurden einbezogen, wenn sie angaben, keine aktuelle oder frühere SARS-CoV-2-Infektion bei der Basiserhebung im April 2020, bei der der Leidensdruck und einen oder mehr Follow-up-Fragebögen zurückgaben.
Depressionen, Ängste, Sorgen über COVID-19, wahrgenommener Stress und Einsamkeit wurden bei Studienbeginn zu Beginn der Pandemie, also vor der SARS-CoV-2-Infektion, unter Verwendung validierter Fragebögen gemessen.
Die SARS-CoV-2-Infektion wurde bei jeder von sechs monatlichen und dann vierteljährlichen Follow-up-Fragebögen selbst angegeben. Covid-19-bezogene Symptome die vier Wochen oder länger andauerten, und die Beeinträchtigung des täglichen Lebens aufgrund dieser Symptome wurden auf dem letzten Fragebogen, ein Jahr nach der Erstuntersuchung selbst angegeben.
Von 54.960 Teilnehmern waren 38,0% (n = 20.902) im Gesundheitswesen tätig und 96,6% (n = 53.107) waren weiblich; das Durchschnittsalter (SD) betrug 57,5 (13,8) Jahre. Sechs Prozent (3.193 Teilnehmer) meldeten ein positives SARS-CoV-2-Testergebnis während der Nachbeobachtung (1-47 Wochen nach Studienbeginn). Darunter waren wahrscheinliche Depressionen (Risikoverhältnis [RR, risk ratio], 1,32; 95% CI [coinfidence interval] = 1,12-1,55), wahrscheinliche Ängste (RR = 1,42; 95% CI, 1,23-1,65), Sorgen über Covid-19 (RR, 1,37; 95% CI, 1,17-1,61), wahrgenommener Stress (höchstes vs. niedrigstes Quartil: RR, 1,46; 95% CI, 1,18-1,81) und Einsamkeit (RR, 1,32; 95% KI, 1,08-1,61) in verallgemeinerten Schätzgleichungsmodellen, die für soziodemografische Faktoren, Gesundheitsverhalten und Komorbiditäten angepasst wurden, jeweils mit Post-Covid-19-Bedingungen (1.403 Fälle) assoziiert. Teilnehmer mit zwei oder mehr Arten von Stress vor der Infektion hatten ein um fast 50% erhöhtes Risiko für Erkrankungen nach der Covid-19-Infektion (RR, 1,49; 95% CI, 1,23-1,80). Alle Arten von Belastungen waren mit einem erhöhten Risiko für Beeinträchtigungen des täglichen Lebens (783 Fälle) bei Personen mit Erkrankungen nach Covid-19 verbunden (RR-Bereich, 1,15-1,51).
Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass psychische Belastungen vor der Infektion ein Risikofaktor für Erkrankungen nach COVID-19 bei Personen mit einer SARS-CoV-2-Infektion sein können. Zukünftige Arbeiten sollten den verhaltensbiologischen Mechanismus untersuchen, der die psychische Belastung mit anhaltenden postinfektiösen Symptomen verbindet.

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