Kritische Blicke auf die Coronakrise und ihre Folgen
Kritische Blicke auf die Coronakrise und ihre Folgen

Mittel- und Langfristige Long-Covid-Symptome

Lavienraj Premraj, Nivedha V. Kannapadi, Jack Briggs, Stella M. Seal, Denise Battaglini, Jonathon Fanning, Jacky Suen, Chiara Robba, John Fraser, Sung-Min Cho: Mid and long-term neurological and neuropsychiatric manifestations of post-COVID-19 syndrome: A meta-analysis, in: Journal of the Neurological Sciences 434 (2022) 120162, 7 Seiten

 

Wichtige Punkte

Fragestellung: Wie häufig werden neurologische und neuropsychiatrische Symptome drei Monate oder länger nach dem akuten Auftreten von COVID-19 bei Erwachsenen berichtet?

Ergebnisse: In einer Meta-Analyse von 19 Studien mit insgesamt 11.324 Patienten (stationär und ambulant) wurden drei Monate nach dem Auftreten von COVID-19 folgende neurologische Symptome festgestellt: Müdigkeit (37%), Gehirnnebel (32%), Gedächtnisstörungen (27%), Aufmerksamkeitsstörungen (22%), Myalgie (18%), Anosmie (12%), Dysgeusie (11%) und Kopfschmerzen (10%). Die Prävalenz neuropsychiatrischer Symptome waren Schlafstörungen (31%), Angstzustände (23%) und Depressionen (12%).

Bedeutung: Angesichts der hohen Prävalenz des neurologischen und neuropsychiatrischen Post-COVID-19-Syndroms sind randomisierte kontrollierte Studien erforderlich, um Interventionsstrategien zur Verringerung der Krankheitslast zu entwickeln.

Zusammenfassung des Artikels:

Bedeutung:

Neurologische und neuropsychiatrische Symptome, die drei Monate nach Ausbruch von COVID-19 fortbestehen oder sich entwickeln, stellen eine erhebliche Bedrohung für das globale Gesundheitssystem dar. Diese Symptome müssen erst noch in einer Meta-Analyse zusammengefasst und quantifiziert werden.

Zielsetzung:

Bestimmung der Prävalenz neurologischer und neuropsychiatrischer Symptome, die 12 Wochen (3 Monate) oder länger nach dem Auftreten einer akuten COVID-19-Erkrankung bei Erwachsenen auftreten.

Datenquellen:

Es wurde eine systematische Suche in PubMed, EMBASE, Web of Science, Google Scholar und Scopus nach Studien durchgeführt, die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 1. August 2021 veröffentlicht wurden. Die systematische Überprüfung wurde von den Preferred Reporting Items for Systematic Review and Meta-Analyses geleitet.

Auswahl der Studien:

Studien wurden eingeschlossen, wenn die Dauer der Nachbeobachtung der Definition des Post-COVID-19-Syndroms des National Institute for Healthcare Excellence (NICE) entsprach (Symptome, die ≥3 Monate nach dem Auftreten von COVID-19 auftreten oder anhalten). Weitere Kriterien waren die Angabe von neurologischen oder neuropsychiatrischen Symptomen bei Personen mit COVID-19.

Datenextraktion und Synthese:

Zwei Autoren extrahierten unabhängig voneinander Daten zu Patientenmerkmalen, Krankenhaus- und/oder Intensivaufnahme, COVID-19-Symptomen in der akuten Phase, Dauer der Nachbeobachtung sowie neurologischen und neuropsychiatrischen Symptomen.

Hauptergebnissse:
Das primäre Ergebnis war die Prävalenz neurologischer und neuropsychiatrischer Symptome, die ≥3 Monate nach Beginn der COVID-19 berichtet wurden. Außerdem verglichen wir das Post-COVID-19-Syndrom bei hospitalisierten bzw. nicht hospitalisierte Patienten, mit bzw. ohne Einweisung in die Intensivstation während der akuten Phase der Infektion und mit mittelfristigem (3 bis 6 Monate) und langfristigem (>6 Monate) Nachuntersuchungen.

Ergebnisse:
Von 1458 Artikeln wurden 19 Studien mit insgesamt 11.324 Patienten ausgewertet. Die Gesamtprävalenz neurologischer Symptome nach der COVID-19-Behandlung betrug: Müdigkeit (37%, 95% CI: 24%-50%), Gehirnnebel (32%, 9%-55%), Gedächtnisprobleme (27%, 18%-36%), Aufmerksamkeitsstörungen (22%, 10%-34%), Myalgie (18%, 4%-32%), Anosmie (12%, 7%-17%), Dysgeusie (11%, 4%-17%) und Kopfschmerzen (10%, 1%-21%). Zu den neuropsychiatrischen Erkrankungen gehörten Schlafstörungen (31%, 18%-43%), Angstzustände (23%, 13%-33%) und Depressionen (12%, 7%-21%). Die Prävalenz neuropsychiatrischer Symptome stieg zwischen der mittel- und langfristigen Nachbeobachtung erheblich an. Im Vergleich zu nicht hospitalisierten Patienten hatten Patienten, die wegen akuter COVID-19 hospitalisiert wurden, drei (oder mehr) Monate nach der Infektion eine geringere Häufigkeit von Anosmie, Angstzuständen, Depressionen, Dysgeusie, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Myalgie und Schlafstörung. Umgekehrt war die Krankenhausaufnahme mit einer höheren Häufigkeit von Gedächtnisproblemen verbunden (OR: 1,9, 95% CI: 1,4-2,3). Kohorten mit >20% der Patienten, die während der akuten COVID-19-Infektion auf der Intensivstation aufgenommen wurden, wiesen eine höhere Prävalenz von Müdigkeit, Angstzuständen, Depressionen und Schlafstörungen auf als Kohorten mit <20% der Aufnahmen auf der Intensivstation.

Schlussfolgerungen und Relevanz:

Müdigkeit, kognitive Dysfunktion (Gehirnnebel, Gedächtnisprobleme, Aufmerksamkeitsstörungen) und Schlafstörungen scheinen die Hauptmerkmale des Post-COVID-19-Syndroms zu sein. Psychiatrische Manifestationen (Schlafstörungen, Angstzustände und Depressionen) sind weit verbreitet und nehmen im Laufe der Zeit deutlich an Häufigkeit zu. Randomisierte kontrollierte Studien sind notwendig, um Interventionsstrategien zur Verringerung der Krankheitslast zu entwickeln.

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